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Stillleben Menschen Städte Natur
Stillleben Menschen Städte Natur

Karlstor, München, 1924, 65 x 81 cm, Öl/Lwd

Die Architekturbilder machen den Löwenanteil in Walthers Schaffen aus. Sie sind es vor allen anderen Werken, die seinen Nachruhm sichern. Worin er sich in Leipzig geübt, in Paris, Florenz und Amsterdam vervollkommnet hatte, das sollte ein Leben lang neben dem Porträt seine Hauptaufgabe sein. Der Kunstkritiker Reinhard Müller-Mehlis hat in einer Ausstellungseröffnung einmal von „einem Kompendium des alten Deutschland“ gesprochen, welches Walther bis 1944 angelegt habe. In der Tat weist die Liste der bereisten und wohlproportioniert ins Bild gerückten Städte eine schier unglaubliche Länge auf. Ob Altenburg, Berlin, Braunschweig, Crossen, München, Venedig oder Zürich – immer wieder schuf Walther zum Teil großformatige Ansichten, die nicht alleine das Einzigartige der jeweiligen Bausubstanz, sondern gleichermaßen das Flair der jeweiligen Stadt spiegeln.

Winter in der Vorstadt, Alt-Leipzig, 1929, 65 x 92 cm, Öl/Lwd

Viele der vor den verheerenden Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges gemalten Bilder wurden zu Dokumenten, zu einem Kaleidoskop deutschen Städtebaus. Wie erreichte Karl Walther die exakt wirkende Erscheinung seiner Stadtansichten, die Max Liebermann zu seinem Wort vom „linearen Impressionismus“ anregte? – In einigen Fällen bediente er sich des durchaus legitimen Hilfsmittels der Fotographie, um die stetig sich wandelnde Lichtsituation zu überlisten; meist jedoch verhalf ihm sein einzigartig veranlagtes malerisches Auge, die Aufgabe zu bewältigen. Der Maler Roman Hippeli erinnert sich an Walthers Vorgehen bei Städtebildern: „Zunächst hat er nur senkrechte Striche gemacht, etwa drei Stunden lang. Damit hat er die Abstände fixiert. Und dann kamen die Horizontalen und Vertikalen, schließlich die Farbe.“ Zwei bis dreimal kehrte der Künstler an seinen Standort zurück, um jeweils den gleichen Lichtfall vorzufinden. Zahllose Pressefotos und sogar ein „Bavaria“ – Film zeigen, wie er in aller Öffentlichkeit, „vor Ort“ und eben nicht im Atelier seine Stadtansichten schuf.

Der Plamengarten 1924, 65 x 81 cm, Öl/Lwd

Anders alle viele seiner Vorläufer stellte Walther eine Städte nicht in einer idealistischen Form, in einem zeitlosen Zustand dar. Zu sehr war er der Realität verpflichtet, als dass er im wahrsten Sinne des Wortes "schönes Wetter gemacht" hätte. Wenn ein Schneeschauer durch die Straße pfiff, so wird er auch auf der Leinwand wiedergegeben. Gleiches gilt auch für Dinge, die mancher schlichtweg ignoriert hätte, weil sie ihm kaum darstellungswürdig erschienen. Anders Walther: Wenn neben einer Rokokofassade ein belangloses Häuschen steht, und sei es architekturhistorisch noch so unbedeutend, ja sogar störend - in seinem Bild scheint es auf. Karl Walther, der wie unzählige seiner Kolleginnen und Kollegen niemals den falschen Ehrgeiz entwickelte, in Konkurrenz zur Fotographie zu treten, belegt mit seinen Gemälden, dass Malerei die Dinge, den Charakter eines Menschen, einer Landschaft oder einer Stadt intensiver zu erfassen vermag als dies das Objektiv einer Kamera zu leisten imstande ist.







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